Ist Perfektionismus der Versuch, sich vor Verletzungen zu schützen?

Perfektionismus verstehen - Gründe - Hintergründe - Lösungen

Ist denn nun der Anspruch möglichst perfekt zu agieren, ein Versuch sich vor Verletzungen zu schützen?

Sich lieber mehr anstrengen als alle anderen und sich durch Leistung zu beweisen kann ein Gedankenantreiber sein, mit dem Ziel, Kritik, Blamage oder Enttäuschungen zu vermeiden.

 

Aber wo kommt dieses überhöhte Anspruchsdenken her?

Ohne Grund macht sich doch niemand so einen Druck. 

Studien beweisen, dass dieses Verhalten ein Ergebnis schwieriger Erfahrungen in der Kindheit und Jugend sein können.

 

·       Erfahrungen wie, ich muss mir Liebe und Anerkennung erst verdienen.

·       Ich bin nur etwas wert, wenn ich mehr als andere leiste.

·       Um gesehen zu werden, muss ich mich immer wieder beweisen.

·       Oder die Angst, etwas falsch zu machen, weil es in der Folge sanktioniert wurde.

 

Das wirkt lange nach.

 

So haben sich aus dem Erlebten, Regeln entwickelt, die dann zu genau diesen Einstellungen und Verhaltensweisen geführt haben.

 

Warum?

 

Weil diese Einstellungen (Glaubenssätze) und Verhaltensweisen, in dieser Situation als das einzig Mögliche gesehen wurde. 

Somit steckt hinter dem „perfekten“ Handeln oftmals eine Vermeidungs- bzw. eine Verhinderungsstrategie, um negative Gefühle zu verhindern. 

Was damals funktioniert hat, kann heute, weil der Kontext, die Situation und die Zeit, eine ganz andere ist, nicht nur anstrengend, sondern auch nicht mehr zielführend sein.

 

·      Mache dir bewusst, dass dieses Verhalten ein altes Verhalten ist.

·      Überprüfe, ob es dir heute noch nutzt, oder ob es dir viel mehr schadet, dich einengt oder andere       Probleme schafft.

·      Mache dir auch bewusst, ob es wirklich deine Ansprüche, deine Lebensregeln sind, oder wurden sie dir     von außen suggeriert.

 

Nun darfst du dich bewusst entscheiden, welche deiner Verhaltensweisen, Regeln, Ansprüche, Werte heute einen Nutzen für dich haben und welche du getrost sein lassen darfst. (Werde dir deiner Werte bewusst).

 

Welche möchtest du durch neue, auf dich zugeschnittene Regeln, Standards, Werte und Verhaltensweisen ersetzen.

Überprüfe immer das dahinterliegende Gefühl! Nur wenn es sich gut anfühlt, ist es auch gut.

 

Perfektionist:innen lieben Ziele!

Daher wird es dir leichtfallen und es kann ein erster Schritt sein, aus dem Hamsterrad deiner hohen Ansprüche zu gelangen.

 

Wie du es richtig machst.

 

Formuliere deine Veränderungswünsche in Form von Zielen.

Aber nicht wie bisher, weiter höher schneller besser…

 

Sondern wende diese Zielformulierung an.

Hier die Kurzfassung!

 

Dein Ziel soll spezifisch sein!

 

Was genau soll sich verändern? Was du willst du? Präzise.

 

Messbar sein! Woran kann du erkennen, ob und wann du dein Ziel erreicht hast? Dies ist für die Kontrolle essenziell wichtig.

Von dir akzeptiert sein! Stehst du vollkommen dahinter? Hat es eine positive Sogwirkung?

 

Formuliere es realistisch! So groß, dass es dich motiviert, antreibt, aber auf jeden Fall erreichbar ist. Unser Gehirn liebt Erfolge, auch die kleinen. Erfolge motivieren dich und machen es dir leichter.

Setze dein Ziel in einen Zeitbezug.

 

Terminiere, wann willst du dein Ziel erreicht haben.

 

Setze deine Ziele smart! Diese Formel hilft dir dein Ziel zu erreichen. Mehr noch, es gibt dir Klarheit und Orientierung.

 

Probiere es aus!

Suche dir Situationen, wo du die neuen Lebensregeln ausprobieren kannst. Probiere, teste und spüre, wie es sich anfühlt.

 

 

Eine vielversprechende Möglichkeit, wenn du dich wieder einmal dabei erwischst, dass deine Ansprüche an dich, deine Arbeit, oder an Menschen in deinem Umfeld sehr hochgesteckt sind.

 

Formuliere einen auf dich und der Situation, die du verändern möchtest, zugeschnittenen Leitsatz. Der dich daran erinnert, was du dir vorgenommen hast.

 

Leitsätze wie: - Gut ist gut genug - oder - es soll kreativ und noch nicht perfekt sein - oder - ich bin mir gut (genug) -  können sehr hilfreich sein, weil sie dich erinnern!

Formuliere einen auf dich zugeschnittenen Leitsatz und sage ihn dir mehrmals täglich laut vor.

 

Dennoch gibt es Situationen, Aufgaben…wo Perfektionismus gefragt ist.

Wo Fehler schlimme Folgen nach sich ziehen. Wo akribisch bis ins kleinste Detail alles richtig sein muss.

 

 

Aber als Dauerzustand unmöglich und unnötig.

Weil es die Kreativität verhindert und Prozesse/ Ergebnisse verlangsamt.

 

Und dennoch,

streben wir nicht alle auf die eine oder andere Art nach Vollkommenheit?

Mehr oder weniger geprägt von unseren Eltern oder später in der Schule. Leistungen werden bewertet. Ein Zeugnis, ein ABI ohne die Note sehr gut ist… Na!?

 

Und später im Beruf, ist „perfekt“ eine großartige Bewertung. Oder?

In bestimmten Kontexten das Beste geben zu wollen, ist ein Zeichen von großer Motivation und hat für mich nichts mit Perfektionismus zu tun, sondern mit Ehrgeiz.

 

Oftmals werden die Begriffe Ehrgeiz und Perfektionismus in einen Topf geworfen. Gerade in Bereichen, wo individuelle Leistungen gefragt sind, wie im Sport, bei der Arbeit oder andere Herausforderungen ist Ehrgeiz ein wichtiger Erfolgsfaktor. Im Unterschied zu perfektionistisch veranlagten Menschen, lassen ehrgeizige Menschen bei „Misserfolgen“ ein Feedback zu.

 

Aufgrund von Erfahrungen habe ich gelernt, dass Erfolge und auch Misserfolge immer ein Feedback ist. Ein Feedback darüber, wie es gelingt, super ist oder, was noch fehlt, noch nicht gut ist, sich verändern oder entwickeln kann. 

 

Diese Sichtweise hatte ich nicht immer. Niederlagen, Fehlschläge waren „Schläge“ und immer deprimierend und vor allem nichts, worüber ich gesprochen habe. Vielleicht kommt dir das auch bekannt vor?

 

Dann befreie dich rasch von diesen Glaubenssätzen, die dich blockieren und nicht so wachsen lassen, wie du es ohne diese Denkmuster könntest.

 

 

-Hinderliche Glaubenssätze loszulassen ist gar nicht so schwer, wie du vielleicht denkst.- Aber dies ist ein anderes Thema.

 

 

Ist denn nun das Streben nach dem Perfekten schlecht oder gut?

Diese Frage kann ich für dich nicht beantworten. Wenn du weiterhin nach Perfektion streben willst, dann darfst du das tun. Ich empfinde es als wichtig, Verhaltensweisen, die mir nicht guttun, mich stressen, oder andere negative Auswirkungen haben, zu hinterfragen.

 

Problematisch wird es, wenn die Ansprüche so groß sind, dass sie unerreichbar sind, dich anhaltend stressen. 

 

Oder wenn dein Anspruch, Projekte, Arbeiten, nicht fertig werden lassen. Druck der dich noch mehr stresst. Mit der Folge, dass du ausbrennst. Frustration statt Zielerreichung.

 

Richtig schwierig wird es, wenn du deine Ansprüche auf andere überträgst. Du deine Werte anderen Menschen überstülpst. Im beruflichen Kontext führt dies dazu das Kollegen:innen abblocken, die Motivation geht in den Keller, die Arbeit macht keine Freude mehr.

Kolleginnen und Kollegen machen einen großen Bogen um dich, weil sie nicht zum Objekt deiner Vorstellungen werden möchten.

 

-Dieses Verhalten kann dann im schlimmsten Fall zur Kündigung führen.

 

Nicht selten unterliegen Führungskräfte diesen überhöhten Ansprüchen.-

Somit kann das Bestreben nach Vollkommenheit und perfektionistischer Besorgnis zur richtigen Belastung werden.

 

Dann ist der Perfektionismus ein falscher Freund, der dir selbst beim größten Erfolg noch ins Ohr flüstert: Hättest du das nicht noch schneller, besser oder früher hinbekommen können?

Mein Gegenentwurf zum ausgeprägten Perfektionismus lautet, entspannter Pragmatismus mit kurzen Ausflügen zum perfekten.

 

Mit den Werten Ehrgeiz und Disziplin im Gepäck.

Denn auch ich bin mit dem Streben nach den perfekten Ergebnissen und dem Wert Disziplin aufgewachsen. Bloß keine Fehler machen, weil sie negativ bewertet wurden. Der Status gut wird als selbstverständlich bewertet, -darum nicht gut genug -.

Wenn ich das leise Gefühl hatte, nicht, oder noch nicht gut genug zu sein, habe ich mich geduckt, oder mich auf lautlos gestellt, die Beobachterrolle eingenommen, um zu schauen, wie es denn gehen könnte. Eine Strategie, die aus den Gegebenheiten heraus entstanden ist und woraus ich im Nachhinein so einiges mitnehmen und lernen durfte.

 

In den 70ern gehörte Disziplin und das Streben nach Perfektion zu einem „gut gemeinten“, strengen Erziehungsstil. Schließlich sollte doch aus mir kein Weichei werden. Hihi!

 

Was verstehe ich unter einem entspannten Pragmatismus und welchen Nutzen geben mir die Ausflüge hin zum perfekt sein?

 

Wenn mich etwas packt, mich begeistert und wirklich interessiert, ja dann packt mich der Ehrgeiz. In diesen Situationen möchte auch ich mein Bestes geben. Es gelingt nicht immer, macht mein Tun aber immer ein Stückchen besser und motiviert mich aus meiner intrinsischen (aus mir heraus) Motivation heraus.

 

Langfristige Projekte, lassen sich für mich nur im Doppelpack, mit Begeisterung und Hingabe erreichen. Dabei gehe ich gerne pragmatisch vor.

 

Dennoch weiß ich, dass wenn ich langfristige Ziele erreichen will, es eine lange Liste von Dingen gibt, die ich gerne tue, aber auch Teilaspekte, die möglichst perfekt durchdacht und ausgeführt werden müssen.

Ebenso stehen auf dieser Liste, Aufgaben, die ich nicht gerne tue, wo ich mich überwinden und manchmal sogar über meinen eigenen Schatten springen muss. Hier kommt meine Disziplin (Genauigkeit und langer Atem) und die Hingabe (die Liebe zu dem, was ich tue) zum Tragen.

 

Kurzfristige Ziele, die wichtig und sich nicht aufschieben lassen, verwirkliche ich am besten mit pragmatischen Strategien. Wenn Flüchtigkeitsfehler keine Rolle spielen, lautet mein Motto: „Warum sich kurzfristig für etwas aufreiben, was langfristig keine Rolle spielt“. 

 

 

Es lohnt sich eine neue Fehlerkultur zu entwickeln.

Fehler sind normal und vor allem menschlich. Hier sagen alle erst mal klar.

 

Aber ist dies wirklich so?

 

Meine Prägung war auch hier eine andere. Ich spreche nicht von Flüchtigkeitsfehlern, aber Fehler galt es möglichst zu vermeiden.

 

Was ich zum Glück später gelernt und erfahren durfte, ist, dass eine offen kommunizierte Fehlerkultur untrennbar verbunden ist mit Entwicklung. -Und Entwicklung zieht Veränderung - Verbesserung mit sich. „Aus Fehlern wird man klug.“

Gerade im Beruf und in den meisten Firmen, fehlt diese offen kommunizierte Fehlerkultur. Obwohl es bewiesen ist, wie viel Innovation verpufft. Mal ganz abgesehen von den zwischenmenschlichen und gesundheitlichen Vorteilen, die diese neue Fehlerkultur mit sich bringt.

 

Wie gelingt der entspannte Pragmatismus?

 

Kurzfristig, indem du Aufgaben stärker nach ihrer Wichtigkeit unterscheidest und dich ihnen ganz bewusst unterschiedlich stark widmest. Ich schreibe mir tatsächlich eine Liste: 

Muss ich machen, kann ich machen, darf erledigt oder verschoben werden. Achtung Zeitpuffer und Pausen eintragen.

 

Langfristig, indem du dir ausgewählte Ziele setzt (wie beschrieben). Und indem du dich mit den tiefen Gründen für dein perfekt sein wollen auseinandersetzt.

 

Denn hinter jedem "alten Verhalten" steckt mindestens ein -alter Grund-, Glauben, oder Denkweise. Problematisch wird es dann, wenn das Resultat, Ergebnis nicht mehr in die Zeit, Kontext, oder zu dir passen.

Wenn du magst, bin ich hier an deiner Seite, mit bewährten Tools, die dir das Loslassen von „perfekten“ Verhaltensweisen leicht machen. Und ich verspreche dir, es ist nicht so schwer, wie du denkst.

 

Deine Mutmacherin, Impulsgeberin und strategische Wegbegleiterin mit dem Ziel, dich zu stärken, damit das ans Licht kommt, wofür du brennst.

 

Herzliche Grüße

Helga Schauff

Passende Themen zum Blog, wenn du tiefer eintauchen möchtest.

 

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